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Padjelanta/Lappland

Akka Padjelanta

Im Eilzugstempo durch den Padjelanta Nationalpark

ÅrrenjarkaEtwa sechs Kilometer vor Gällivare verwandelt sich das mahlende Geräusch, das sich schon seit Stunden im linken Hinterrad unangenehm bemerkbar gemacht hatte, in einen ordentlichen Krach. Aus. Ende der Fahrt. Notblinker einschalten und abwarten. Schon nach zwei Minuten bleibt ein Auto stehen. Zwei junge Burschen sitzen darin und fragen ob sie helfen können. Helfen vielleicht nicht, aber das Handy? Wenn ich mir das ausborgen dürfte? Kein Problem. Ich rufe den Abschleppdienst und die beiden freuen sich offensichtlich, dass sie behilflich sein konnten. "Ach, mein Vater bleibt auch immer stehen. Und überhaupt - das nächste mal bin ich es, der Hilfe braucht." So einfach ist die Kameradschaft auf der Strasse. Dabei ist heute Sonntag und morgen will ich mit dem Bus von Gällivare nach Ritsem fahren, um mir selber einen lange gehegten Traum zu erfüllen: den Padjelanta Wanderpfad!

von Eduard Nöstl


Doch vorerst sind einige Kleinigkeiten zu erledigen. Etwa Proviant ist zu besorgen. Da mich meine kleine Panne einige Stunden kostet, sind natürlich die Geschäfte zu und ich muss mir meine Essensvorräte in der Statoil Tankstelle besorgen. Die Tankstellen haben ja offen, wann man sie braucht. Ein grosses Stück geräucherten Schinken, Speck und Brot, einige Suppen und als Notration ein paar Fischdosen. Das müsste reichen. Ich meine, Luxus wie die Trockengerichte kann ich mir sowieso nicht leisten und so lange will ich schliesslich auch nicht unterwegs sein.

So, der Proviant ist gesichert, jetzt fehlt nur noch die Bleibe für die Nacht bis morgen. Es ist schon September. Daher sind sowohl Campingplatz als auch STF Jugendherberge geschlossen, bleibt nur eines der Hotels von Gällivare. Ein zaghaftes Herumtelefonieren erleichtert mir die Wahl ungemein. Hotel Dundret nennt einen Preis, der meiner schmalen Brieftasche gerade noch zumutbar ist. Ausserdem liegt das kleine Hotel, eigentlich ist es ja mehr eine Pension, nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt.

Eine Nacht im Hotel Dundret

Der Nachtportier ist zugleich Hoteldirektor, und heisst Ivan. Ein Mann, der aussieht wie fünfundvierzig und dabei ist er fünfundsechzig! Sein Hobby erhält ihn jung, sagt er. Tanzen. Kiruna, Lycksele das sind seine Ziele, wenn er am Samstag ausgeht. Das sind Hunderte von Kilometern!

Am nächsten Morgen lasse ich einen Teil meines Gepäcks im Hotel zurück und vereinbare mit Ivan, dass er die Bergrettung verständigt, wenn ich mich nach sechs Tagen nicht gemeldet habe. Das gibt mir immerhin eine gewisse Sicherheit, nicht ganz verloren zu gehen. Ich meine, der Padjelantapfad bedeutet hundertvierzig Kilometer in der Wildnis. Zwar auf einem markierten Pfad, aber ich habe da so meine Erfahrungen mit den markierten Pfaden in Schweden und wenn Nebel einfällt und Schnee angesagt ist, dann wird auch auf solchen Wegen guter Rat teuer.

Irgendwo habe ich gelesen, dass für eine Durchquerung des Padjelanta Nationalparks auf dem Weitwanderpfad so um die zehn bis zwölf Tage empfohlen werden. Das heisst , wenn man von Hütte zu Hütte marschiert. Nun, da ich mir die Abstände ein bisschen angesehen habe, weiss ich, dass die Hütten in Abständen von ungefähr fünfzehn Kilometern liegen.

Das ist mir zu kurz. Was tue ich denn da den halben Tag? Ich will also jede zweite Hütte überspringen und rechne mir aus, das ganze in fünf Tagen bewältigen zu können. Das klingt jetzt vielleicht etwas übertrieben, als gälte es, eine Strapaze hinter sich zu bringen. So ist das nicht gemeint, nur lieber fünf Tage voll und hundertprozentig eine Sache verfolgen als zwölf Tage halb.

Mit dem Bus nach Ritsem

Gällivare-Ritsem PadjelantaAber noch bin ich in Gällivare und auf dem Weg zum Bus. Zwei Leutchen stehen da mit riesigen Rucksäcken, dagegen nimmt sich mein Binkerl klein aus. Auch zwei, die nach Ritsem wollen. Dem Tonfall nach sind die beiden aus Schonen angereist. Witzig, die einzigen, die unterwegs sind, kommen genau wie ich aus dem südlichsten Teil Schwedens! Die beiden sind nett und bald schon werde ich mit gut gemeinten Ratschlägen bombardiert.

Die beiden gehen den Padjelanta jeden Herbst und sind begeistert. "Speziell die Hütten. Das sind keine vergammelten STF Hütten, sondern piekfeine Hütten der Naturschutzbehörde," schwärmt der eine. "Da drückst du auf einen Knopf und die Heizung springt an. Und ausserdem gibt es einen Trockenraum, auch der mit Gasheizung! Ist ja wirklich toll, wenn du jeden Tag trockene Kleidung hast, gar nicht zu reden von trockenen Schuhen."

Als Purist in Sachen Hütten rümpfe ich zwar die Nase ob solchen Luxus, doch schon nach der ersten Nacht werde ich ein glühender Anhänger der Gasheizung sein. Doch das weiss ich jetzt noch nicht, sondern ich sehe nur meine Lieblingsbeschäftigung auf solchen Wanderungen, das Holzhacken, den Fluss hinunterschwimmen. Naja, es gibt ja noch mehr Pfade mit "richtigen" Hütten. Auch erklären mir meine neuen Freunde, dass die letzten Hütten auf dem Pfad STF Hütten seien, und "da kannst du Holz hacken so viel du willst". Der Tonfall belehrt mich, dass diese Hütten nicht gerade das Gelbe vom Ei sind.

Fährschiff oder Heli?

"Übrigens, wie kommst du denn über den Anonjalme?" werde ich gefragt, während der Chauffeur seinen riesigen Bus in voller Fahrt über Schlaglöcher donnern lässt, dass mir angst und bange wird. Es kracht und schon dröhnt es ganz wohlbekannt von den Innereien des Busses zu uns herein.

Norrlands Buss PadjelantaAha, auch die "Einheimischen" fallen also den Tücken ihrer miesen Strassen zum Opfer. Mein kaputtes Radlager hatte ich auf meine Unkenntnis der Strassenbeschaffenheit zurückgeführt, doch da auch Leute, die tagtäglich auf diesen holprigen Strassen unterwegs sind, ihren Tribut zahlen müssen, versöhnt mich das wieder mit meinem Gefährt.

Wir stehen auf offener Strecke. Mats, einer meiner neuen Bekannten, liegt schon unter dem Bus, während der Chauffeur noch verzweifelt seine Unschuld an dem Malheur über das Mobiltelefon seinem Vorgesetzten gegenüber beteuert: "Ganz langsam bin ich gefahren, ganz langsam".

Endlich gelingt es Mats, den Auspuff, der nur mehr an einer Manschette hängt, zu lösen. Vorsichtig starten wir wieder und, ja, kein Problem, wir können weiterfahren.

Mats nimmt den Faden wieder auf. "Ich will dir einen Tip geben. Du hast einen Fährmann bestellt, nicht wahr?" auf mein Kopfnicken meint er, "das haben wir auch gemacht, früher. Aber heute fliegen wir mit dem Hubschrauber. Das kostet zwar mehr, aber sicher ist sicher."

Ob ich mit dem Hubschrauber mitfliegen will? Ich überlege kurz. Ich habe schliesslich die Fähre bestellt, der Mann freut sich sicher über ein bisschen Taschengeld. Ausserdem möchte ich die Route nehmen, die die meisten Urlauber und Wanderer wählen, daher lehne ich dankend ab.

Draussen vor den Fenstern des Busses ist nichts zu sehen. Dichter Nebel, der sich erst lichtet, als wir uns Saltoluokta nähern. Pause. Ich esse schnell mein Brot und trinke Wasser dazu. Ich kann mich genausogut gleich an meine Diät für die nächsten Tage gewöhnen. Die anderen gehen in die Hütte auf einen Kaffee.

Schnee auf den Bergen

Gällivare-Ritsem PadjelantaDie Strasse wird schmäler, aber das Wetter verändert sich zusehends. Die Nebel reissen auf und strahlend blauer Himmel zeigt sich. Die Sonne bricht durch und gibt ein tolles Panorama frei. Berge links und rechts der Strasse, speziell zum Nationalpark Stora Sjöfallet hin erheben sich einige Zacken und der Schnee der Gletscher glitzert zu uns herüber. Erstaunlich, wieviel Schnee noch immer liegt.

Bald sind wir am Ende unserer ersten Etappe angelangt. Die beiden Skåningar laufen zu ihrem Hubschrauber, ich sehe mich um nach meinem Fährmann. Da ist er auch schon. Ein rundlicher kleiner Mann, um die sechzig, mit einem bärbeissigen Ausdruck im Gesicht. Viele Worte werden nicht gemacht, er deutet auf eine kleine Schaluppe. Ich werfe meinen Rucksack hinein und mache es mir bequem.

"Hast du einen Kompass dabei?" fragt er im abgehackten Tonfall der Samen. "Dann kannst du gleich einmal Kurs nehmen." Der Nebel hat uns wieder eingefangen, wie Watte umgibt er uns. Die Sonne ist nur mehr zu ahnen. Schon nach ein paar Minuten ist kein Land mehr zu sehen. Weder vor uns noch hinter uns. Ganz fest halte ich meinen Kompass und schaue, dass wir unseren Kurs halten.

Josef Pittja PadjelantaJede Handbewegung von mir wird vom Steuermann befolgt. So brausen wir über die Wellen des Anonjalme. Aus der Ferne dröhnt das Geknatter des Hubschraubers, dann herrscht wieder Stille, nur das Tuckern des kleinen Motors ist zu hören. Ein einziges Ruder liegt im Boot, fällt mir auf. Keine Schwimmwesten. Ganz unschwedisch. Dann fällt mir ein, dass ich ja im Land der Samen bin. Das Wasser ist eisig. Na, dann wollen wir lieber gut auf der anderen Seite ankommen, denke ich. Da reisst die Nebelwand kurz auf und wir sind schon ganz nah an irgendwelchen Inseln.

Mein Fährmann nickt und ändert den Kurs ein wenig, damit wir die Inseln umschiffen können, dann geht es wieder wie gehabt weiter. Nach zwanzig Minuten legen wir an. Ich begleiche meinen Obolus und springe an Land.

Erster Höhepunkt: das Akka-Massiv

Akka PadjelantaDie ersten Meter geht es einmal die Uferböschung hinauf, denn auch hier wie sonst überall herrscht extremes Niedrigwasser. Dann sind schon die ersten Schilder. Akkastugorna, Vaisastugorna. Ich folge dem Weg nach Akka. Vor mir wächst der Berg gleichen Namens, mit 2000 m einer der höheren im ganzen Sarek/St. Sjöfallet Massiv. Zwei Gipfel, dazwischen eingebettet der Gletscher. Beeindruckend. Toll. Ein Superauftakt dieser Wanderung.

Das Wetter zeigt sich von seiner besten Seite. Strahlend blauer Himmel, die Sonne lacht herunter. Es ist nicht warm, aber auch nicht kalt. So um die zehn Grad, also richtiges Wanderwetter.

Die Akkastugor lasse ich links liegen, der Weg führt bestückt mit Bohlen direkt auf den Berg zu. Ich kann mich kaum sattsehen. Schade, dass nicht genug Zeit ist, da hinauf zu klettern. Doch das würde einen ganzen Tag in Anspruch nehmen. Mindestens. Und ausserdem, wer weiss, wie das Wetter wird. Nein, einen einmal gefassten Plan soll man befolgen. Mein heutiges Ziel sind die Kisurishütten.

Dieser erste Tag ist gerade richtig zum Gewöhnen: 15 Kilometer. Auch zeitlich dürfte sich das bis fünf Uhr nachmittags ausgehen. Kurz vor der ersten Brücke geht es durch ein Rentiergehege und dann über den Vuojatätnofluss. Bis hierher sind es zwei Kilometer von den Akkahütten. Rechts liegt der Fluss, links lacht der Akka mit seinem wirklich tollen grossen Gletscher herüber und mitten drinnen veräuft der mit Bohlen verstärkte Weg.

Kurz nach Passieren des Vuojatätno komme ich bei einer kleinen Holzbrücke zu einem sehr schönen Rastplatz am Bächlein Jojkkjokken. Hier muss es im Sommer von Gelsen nur so wimmeln und ich bin wieder einmal froh jetzt im Herbst unterwegs zu sein. Stellenweise ist die Gegend ziemlich sumpfig, aber der Pfad ist vorbildlich mit Bohlen versehen. Eine halbe Stunde später kann ich den Kutjauresee halbrechts ausnehmen.

An der Brücke über den Sjnjuftjutisjåkkå verlässt der Pfad den Stora Sjöfallets Nationalpark und ein Stück geht es durch den Sarek. Aber nur kurz ist die Spannung, denn schon bei der nächsten Brücke über den Spietjaujåkkå kommen die Wanderer wieder in den Padjelanta. Auf einer Strecke von knapp dreihundert Metern habe ich drei Nationalparks berührt!

Tücken eines Gaskochers

Nach der letzten Brücke wird der Pfad ein bisschen steiler und eine Viertelstunde später stehe ich schon vor der Kisurishütte. Es handelt sich dabei immer um mehrere Hütten - einige davon für Wanderer, eine für den Hüttenwirt und auch die Toiletten haben eine eigene Hütte. Die Hütten sind wirklich prima ausgerüstet - man darf nur nicht vergessen, gleich bei der Ankunft den Gashahn aufzudrehen.

Die Drehung schaut rein optisch so aus, dass durch die Drehung die Drehvorrichtung parallel zur Gasleitung gebracht wird, sodass das Gas durchfliessen kann. Dasselbe wird dann in der Hütte drinnen bei den Heizungen im Wohnraum und im Trockenraum sowie beim Kocher durchgeführt.

Warum ich das so genau schildere? Nun, gerade hier in Kisuris war alles neu für mich. Die Heizung, das Gas und vor allem der Kocher. Während mir bei der Gasheizung relativ bald der Knopf aufging, wollte mir der Kocher nicht und nicht anspringen.

Schliesslich wurde es mir zu bunt und ich griff auf meinen altbewährten Trangiakocher zurück, der mich nebst Brennspiritus auf Schritt und Tritt begleitet. Es sollte bis zur dritten Hütte dauern, ehe ich einem Anschlag entnehmen konnte, dass man beim Gaskocher den Knopf eingedrückt halten muss, damit das Gas ausfliessen kann, um angezündet zu werden.

Nun, dennoch war ich mit mir, dem Wetter und dem Padjelanta an sich an diesem ersten Tag zufrieden. Der Höhepunkt des Tages war zweifelsohne der Akka mit seinem gewaltigen Gletscher. Bis hierher nach Kisuris war der Pfad eine positive Überraschung. Leicht zu wandern, markiert und ein gut ausgetretener Steig. Keine Tiere, bis auf ein paar Schneehühner, eher einsam und verlassen, die totale Ruhe. Genau wie ich mir die Tour vorgestellt hatte.

Auch hier in Kisuris wird typisch schwedisch wirklich nicht mit dem Komfort gegeizt. Zwei Hütten sind im Winter offen, in jeder stehen sechs Stockbetten zur Verfügung. Wasser wird aus dem nahen Bach geholt.

Mein Menü ist einfach. Erbsensuppe mit Speckscheiben, dazu ein Käsebrot und als Nachtisch Fruchtsuppeneintopf. Die Zeit vergeht nur langsam. Ich muss mich erst an den Rhythmus gewöhnen. Ein leichtes Ziehen in den Schultern ist eigentlich alles, was mich an den Rucksack erinnert. Ich sehe mir noch kurz die Strecke für den nächsten Tag an, sie dürfte mit ihren siebenunddreissig Kilometern eine ziemliche Gewalttour werden.

Die Petroleumlampe verbreitet nicht nur einen heimeligen Schein, sondern auch einen gemütlichen Duft. Als ich nach Einbrechen der Dunkelheit noch einmal vor die Hütte trete, wölbt sich ein diamantener Sternenhimmel über mir, der seinesgleichen sucht. Schade, dass es noch zu früh ist fürs Polarlicht.

Ich stimme ein Lied von Mathias Claudius an , "Der Mond ist aufgegangen", und singe alle acht Strophen durch. Es scheint mir recht gut zum Abschluss des ersten Tages zu passen und versetzt mich in die richtige Stimmung für die nächsten Tage, die ich wie ein moderner Pilger in der Einsamkeit verbringen will.

Weil ich schon draussen vor der Tür stehe und die Birken mich erwartungsvoll anschauen, halte ich ihnen eine kleine Ansprache, in der ich meine Erwartungen an diese Wanderung darlege. Es macht Spass, so auf der Treppe zu predigen und ich spüre geradezu, wie die Birken bestätigend mit den Wipfeln nicken, als ich meine Lebenseinstellung zusammenfasse.

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass solche Wanderungen am besten in dreierlei Form gemacht werden: entweder mit einem guten Feund, mit einem guten Buch oder mit irgendeinem Problem, das seiner Lösung harrt. Am Ende der Wanderung ist meist eine Lösung für dieses Problem gefunden.

Die Nacht vergeht ohne Zwischenfall, ausser dass ich mitten der Nacht die Heizung ausschalten muss, es ist des Guten zu viel. Um fünf Uhr ist Tagwache. Der Nescafe ist ohne Milch ungeniessbar, daher wird er weggeschüttet, und statt dessen koche ich mir eine Blaubeerensuppe, das Standardgetränk aller Langläufer. Der Morgenstern blinkt noch vom Himmel und es ist ziemlich kalt, so um die Null Grad, aber wieder strahlend blau. Über den Flüssen liegt noch der Nebel.

Das Gas abschalten, Toilettenbesuch nicht vergessen und schon kann es losgehen. Gleich hinter der Hütte geht es erst einmal steil bergab zum Bach und dann gleich wieder steil bergauf. Schon ist die Marschhöhe erreicht und es geht fast eben dahin auf Bohlen durch einen ziemlich offenen Birkenwald.

Durch die Savanne

Savanne im PadjelantaDie Schönheit der Natur und das Zusammenspiel von Wetter und Umgebung tut fast weh in den Augen. Das Herz wird ob so viel Schönheit weit und ich bin dankbar, dass ich all diese Herrlichkeit schauen darf. Die Birken lösen sich aus dem Nebel, dahinter steigen die noch dunklen Berge empor - und alles liegt beinahe unwirklich eingebettet in die allumfassende Ruhe. Ich war in meiner Jugend ein paarmal in Afrika und hier diese Gegend erinnert mich in ihrer Weite an die afrikanische Savanne.

Hoppla, nicht zuviel träumen - die Bohlen sind eisglatt durch den Nebel und die niedrigen Temperaturen. Weiter geht es über einen Höhenrücken mit Blick über das Samendorf am Kutjauresee. Nach zwei Stunden komme ich zur Hängebrücke über den Vuojatätno, wo auch die Pfade von Kuthaure und Vaisaluokta auf den Padjelantapfad stossen.

Die Hängebrücken sind toll gebaut und der Fluss ist ein Erlebnis, allein wegen seines glasklaren Wassers. An der Brücke mache ich eine kurze Rast und trinke den Rest der Blaubeeerensuppe, verdünnt mit dem sauberen Flusswasser. Ich lasse den Blick über die Berge in der Ferne (NO) schweifen und bin wirklich beeindruckt ob der Höhe und der Vielzahl dieser vergletscherten Riesen.

Nach Låddejokko sind es elf Kilometer, nach Kisuris dreizehn, nach Änonjalme achtundzwanzig und nach Vaisaluokta vierundzwanzig. Langsam dringe ich immer weiter in den Padjelanta vor und die Abstände zur Zivilisation vergrössern sich dramatisch. Ehe ich allzu viel daran denke, schultere ich meinen Rucksack und mache mich wieder auf den Weg.

Das Sallohaure Samenlager liegt mitten auf einer Landverbindung im Wasser des Sees. Vor mir weist ein Vulkankegel den Weg.

Adler kreisen, Wildgänse schnattern

Ein aufgeregtes Schnattern lässt mich zusammenfahren. Es klingt wie wenn in einem Handy mehrere Teilnehmer durcheinanderreden würden. Ich spähe umher, nichts zu sehen. Dann ein Blick nach oben - hunderte Wildgänse ziehen in Dreikantformation über mir gegen Süden. Sie unterhalten sich angeregt. Plötzlich fliegen alle auf einen gigantischen Haufen durcheinander.

Mir ist nicht klar, was ihre plötzliche Aufregung verursacht hat, dann erst sehe ich weit über ihnen einen weissen Punkt. Ein Adler schwebt dort auf Suche nach einer leichten Beute. Daher das Durcheinander - eine Schutzmassnahme gegen die scharfen Fänge des Adlers. Erst als der Raubvogel elegant abdreht, nehmen die Wildgänse wieder ihre Formation auf.

Jetzt beginnt eine ziemliche Steigung, die noch dazu recht lang dauert. Immerhin entschädigt mich der Blick auf den Vastenjaure für die Anstrengung. Ein Rentierzaun, vorher noch eine winzige Furt, die ich trockenen Fusses bewältigen kann. Ein grosser Stein lädt ein zur Rast.

Mit Besorgnis stelle ich fest, dass mich die Augen leicht brennen. Ich habe keine Sonnenbrillen mit. Hoffentlich wird nichts Schlimmes daraus. Auch die Butter aufs Brot fehlt mir. Habe ich anscheinend im Hotel liegengelassen. Um dreizehn Uhr habe ich einen ersten Blick auf die Låddejåkkåhütten.

Diese liegen direkt am Fluss gleichen Namens. Låddejåkkå bedeutet "Vogelbach" und das Delta des Flusses ist auch reich an Piepmätzen. An der Hütte ist ein Schild angebracht: "Aus Anlass des 50. Geburtstags von König Carl Gustaf hat am 30. April 96 das Militär den Weg nach Arasluokta mit Bohlen versehen."

Direkt an der Brücke über den Låddejåkkå sind tolle Gletschermühlen ausgewaschen. An der Brücke geht es geradeaus den Berg hoch, nicht den Fluss entlang. Der Pfad steigt jetzt allmählich, aber stetig. Vor mir lockt ein riesiger Gipfel mit einem grossen Schneefeld. Könnte der Laujektjokko sein, ich bin mir aber nicht ganz sicher.

Auch Transportstrecken müssen sein

Jetzt kommt eine dieser Strecken, die dem Weitwanderer einfach als Tansportstrecken in Erinnerung bleiben. Laufen, laufen, laufen. Jeder Kilometer wird zur Qual, der Rucksack wiegt plötzlich - im Unterschied zum frühen Morgen - um zwanzig Kilo mehr und alle Konzentration schränkt sich darauf ein, voranzukommen und endlich "da" zusein. So manches Stossgebt wird gegen Himmel geschickt.

Ich mache mir das Vergnügen, anstatt den Namen der Heiligen, die in so einem Falle angerufen werden, die Namen aller guten Freundinnen einzusetzen, die ich so im Laufe des Lebens gekannt habe. Da geht es sich gleich leichter und vor allem ist es recht kurzweilig, wenn ich bei dem einen oder anderen Namen stutzig werde und mir auszumalen suche, wie es ihnen wohl im Leben ergangen ist.

Rast am Rauk

Rast am Rauk PadjelantaSchon von weitem ist ein Rauk, also eine Steinformation, die in der Eiszeit entstanden ist, auszumachen. Dort will ich rasten, doch als ich näher komme, muss ich feststellen, dass der Platz bereits besetzt ist. Zwei deutsche Maschinenbaustudenten aus Dresden haben es sich bequem gemacht und futtern Müsli.

Der eine stopft sich die Flocken gleich so in den Mund und trinkt aus seiner Wasserflasche dazu, der andere hat sich sein Müsli mit Wasser abgerührt. Die beiden sind schon einige Zeit unterwegs, sie haben schon den Kebnekaise hinter sich - bei strahlendem Wetter - und sind jetzt auf dem Weg zum Sulitelma Nationalpark und dann weiter zu den Lofoten.

Eine Viertelstunde später überschreite ich den höchsten Punkt dieser Etappe (800m) und bald schon kommt der Virihaure in Sicht. Auf der gegenüberliegenden Seite des Sees ist ein riesiger Gletscher auszumachen, nach eine Blick auf die Karte frage ich mich, ob das der Blåmansisen sein kann.

Dennoch dauert es noch eine gute Stunde, ehe die Lappensiedlung mit ihrer Kirchenkate in Sicht kommt und nach genau zehn Stunden Marsch bin ich bei der Hütte Arasluokta angekommen. Wohlweislich drehe ich die Heizung ab, ehe ich nach der obligaten Suppe mit Speck ins Bett falle. Ich glaube ich schlafe, noch ehe mein Kopf den Polster berührt.

Halb sieben am nächsten Tag ist Abmarsch. Ein kalter Wind weht, aber das Wetter hält. Das grenzt schon beinahe an ein Wunder, denn die Berichte, die ich gelesen habe, erzählen von tagelangen Regengüssen und die Leute sind froh, wenn sie auf ihrer Wanderung einen Zipfel blauen Himmels sehen. Und ich habe schon den dritten Tag Superwetter.

Gebiet: Der Padjelanta Nationalpark liegt im Welterbegebiet Laponia.
Flugplatz: Gällivare.
Bahnhof: Gällivare (Direktzug mit Schlaf- und Liegewagen von Stockholm)
Bus Gällivare-Ritsem fährt vom Bahnhof. Guter Anschluss.
Fährmann in Ritsem: Josef Pittja 070-2418369.
Hotel Dundret, Per Högströmsgatan 1, S-982 31 Gällivare 0970-550 40. Turistbyrå Gällivare, Bahnhofsnähe: 0970-166 60.
Fährmann in Kvikkjokk: Björn Sarstad 0971 210 12, oder Kent Arvidsson 010 664 16 98.
Anmerkung: Im Juli und August verkehren die Boote nach festem Fahrplan dreimal am Tag.
Hubschrauberservice: Lapplandsflyg 0971 21040.
Årrenjarka Ökodorf: Hütten und Camping, Gun und Lasse 0971-230 Vorbereitungen: Wie für jede andere Weitwanderung.
Karte: BD9 Padjelanta - Sulitelma
Ausrüstung: Wanderausrüstung, Regenschutz, Handschuhe und Mütze. Sonnenbrillen. Gelsenschutz. Verbandszeug, Schmerztabletten, Heftpflaster, Taschenlampe, Kerzen, Zündhölzer. Schlafsack oder Hüttenschlafsack, Lesestoff..
Kosten: Bus Gällivare - Ritsem SEK 130.- , Kvikkjokk - Gällivare SEK 130.-, Fährmann Ritsem - Akka SEK 350.-, über den Brobäcken in Kvikkjokk SEK 75.-

Abstände:
Ritsem - Akkastugorna: 10 km (davon 8 km mit Schiff)
Akkastugorna - Kisurisstugorna: 14 km
Kisuris - Låddejåkkå: 24 km
Låddejåkkå - Arasluokta: 13 km
Arasluokta - Staloluokta: 12 km
Staloluokta - Tuottar: 19 km
Tuottar - Tarraluoppal: 11 km
Tarraluoppal - Såmmarlappa: 15 km
Såmmarlappa - Tarrekaise: 13 km
Tarrekaise - Njunjes: 7 km
Njunjes - Kvikkjokk: 11 km

Hier beschrieben:
Ritsem - Kisuris (24 km)
Kisuris - Arasluokta (37 km)
Arasluokta - Tuottar (31 km)
Tuottar - Såmmarlappa (26 km)
Såmmarlappa - Kvikkjokk (31 km)

Fortsetzung: Padjelanta 2


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Last Updated: Donnerstag, 4. September 2008
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