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Südschweden: Halland - Bohuslän

Die Strasse der
menschlichen Eitelkeiten

Nicht immer war die schwedische Westküste ein so beschaulicher Flecken Erde wie heute, wenn die einzige Ursache, dass das Blut in Wallung gerät, ein Verkehrsstau auf der E6, der Verkehrsader von Halmstad nach Oslo, ist. In früheren Jahren war hier die Machtscheide zwischen dänischen, schwedischen und norwegischen Königen, die in dieser Gegend um die skandinavische Vorherrschaft kämpften. Vom wechselnden Kriegsglück zeugen die sieben Festungen, die von Varberg im schwedischen Halland bis hinauf in die Hauptstadt Norwegens, Oslo wie an einer imaginären Perlenschnur aufgereiht sind. Eine stärker befestigt als die andere und alle zum Zeitpunkt ihrer Erbauung als uneinnehmbar geltend. Tempora mutantur - die Zeiten ändern sich, was heute als uneinnehmbar gilt, wird morgen schon überrannt, was früher Schutz vor ungebetenen Gästen geboten hat, muss heute als Jugendherberge dienen wie in Varberg oder wird zum einfachen Ausflugsziel für Schulklassen degradiert wie die Festung Bohus oder wird zur noblen Herberge für Staatsgäste wie Akershus.

von Eduard Nöstl


 

Allen gemeinsam ist, dass sich an diesen Bauwerken anschaulich die Eitelkeit menschlicher Bemühungen nachvollziehen lässt, der kriegerischen Auseinandersetzung das letzte Wort zu lassen.

Beginnen wir unsere Reise im Süden - in Varberg. Die Festung Varberg wurde zu einem Zeitpunkt erbaut, als Halland noch dänisch war, nämlich im 12. Jahrhundert und zwar vom dänischen Grafen Jacob von Halland mit finanzieller Unterstützung des norwegischen Königs Hakon. Dänisch sollte die Festung bleiben, bis sie im Frieden von Brömsebro kampflos an die Schweden fiel.

Das war 1645. Bis 1830 diente sie weiterhin Soldaten als Behausung. Von da an wurde sie einer Aufgabe zugeführt, die bei einer Besichtigung eher Mitleid als Genugtuung heraufbeschwört. Die Gewölbe dienten als Gefängnis, in das schwedische Missetäter zur Sühne für ihre Verbrechen gesteckt wurden. Origineller ist die heutige Verwendung der Festung Varberg: Als Jugendherberge vermittelt sie vielen jungen Menschen ein Gefühl der Geborgenheit in einer schnell sich wandelnden Welt.

Nya Elfsborg in Göteborg ist eine Folge der dänischen Kriegszüge. Anfang des Dreissigjährigen Kriegs wurde Göteborg von den Dänen überfallen. Dieser Angriff wurde zwar zurückgeschlagen, doch mussten die Schweden das Schloss Elfsborg für die damals schier unvorstellbare Summe von 1 Million Reichstaler auslösen. 1605 wurde Nya Elfsborg in der Mündung des Göta Älvflusses neu erbaut.

Nicht vergebens: Im Grossen Nordischen Krieg Anfang des 18. Jahrhunderts sollte die Festung Nya Elfsborg eine Schlüsselrolle spielen. 1719 liess der dänische Admiral Peter Tordenskiöld zum Angriff auf Göteborg blasen. Doch die Mannen in Nya Elfsborg hielten den pausenlosen Angriffen der dänischen Soldaten Stand! Vier Tage dauerte die Schlacht, ehe die Dänen unverrichteter Dinge wieder abziehen mussten.

Bohus und Carlsten im nördlichen Bohuslän waren als Bollwerk sowohl gegen Dänen, Schweden als auch Norweger gedacht. Hier im unruhigen Grenzgebiet an der südlichen Grenze Norwegens, wo sich der Göta Älv Fluss verzweigt, schien der ideale Platz für eine Festung zu sein. Im Frieden von Roskilde 1658, einem der wichtigsten Friedensschlüsse in Skandinavien, durch den die noch heute gültigen Grenzen weitgehend festgelegt wurden, wurde auch die Festung Bohus den Schweden zugesprochen.

Zwanzig Jahre später kam der norwegische Stadthalter Ulrich Fredrik Gyldenlöwe mit einem Heer von 15.000 Mann, um die Festung wieder heim nach Norwegen zu holen. Das war mittlerweile die 14. Belagerung, die Bohus über sich ergehen lassen musste. In den zwei Monaten, die die Belagerung währte, ergossen sich zigtausende Kanonenkugeln über die Festung, doch sie hielt den Angriffen der Norweger stand.

Schlechter war es der Festung Carlsten ergangen, die Gyldenlöwe ein Jahr zuvor angegriffen und schliesslich auch erobert hatte und als Ausgangspunkt für seinen weiteren Vormarsch Richtung Göteborg benützte. Das war das erste Mal, dass diese Festung überrannt wurde. Eine ähnliche Taktik wandte nur ein Jahr später der dänische General Peter Wessel Tordenskiöld an, um sich mit der Festung Carlsten als Basis den Weg nach Göteborg freizukämpfen.

128 Meter über dem Meer, mit Aussicht über den Idefjord und Schweden liegt die Festung Fredriksten. Auch diese Festung hat ihr Entstehen dem Frieden von Roskilde 1658 zu verdanken, wo festgelegt wurde, dass hier die neue Grenze Norwegens zu Schweden verlaufen sollte. Ihre Bewährungsprobe erhielt Fredriksten im Grossen Nordischen Krieg 1709 - 1719.

Zweimal versuchten die Karoliner des schwedischen Soldatenkönigs Karl XII. die Festung zu stürmen. Das erste Mal steckten die Norweger selber die Stadt Halderborn in Brand, das zweite Mal nahm die Schlacht einen für die Schweden eher traurigen Ausgang. Der bisher so erfolgreiche Karl XII, der ruhmreich auf allen Schlachtfeldern Europas gekämpft hatte, wurde hier vom Soldatenschicksal ereilt: Eine verirrte Kugel setzte seinem abenteuerlichen Leben ein jähes Ende.

Fredrikstad war ebenfalls eine Folge des Verlustes von Bohuslän an die Schweden. König Christian V. inspizierte 1685 die eben errichtete Burg und konnte zufrieden feststellen, dass hier mit 130 Kanonen die stärkste Festung des Landes entstanden war. Fredrikstad hatte allerdings nur einmal in ihrer Geschichte ihrem Ruhm gerecht zu werden.

1814 versuchte der schwedische Prinz Carl Johan mit seinem Admiral Johan von Puke mit 42 Schiffen und 500 Soldaten die Festung zu nehmen. Der Festungskommandant sah sich angesichts der vielen Brandbomben gezwungen, die weisse Flagge zu hissen. Bereits 1294 wurde Oslo, die Hauptstadt Norwegens gegründet. Um 1300 liess König Hakon Magnusson die Burg Akershus bauen. Damit ist der erste Festungskreis geschlossen: Denn König Hakon war es gewesen, der in Allianz mit Graf Jacob von Halland die Festung Varberg und Bohus hatte erbauen lassen. Akershus wurde in seiner 700 jährigen Geschichte neun Mal belagert, doch niemals eingenommen.

Auch Karl XII. versuchte sein Glück im Jahre 1716, doch war zu diesem Zeitpunkt das Glück dem schwedischen Soldatenkönig bereits abhanden gekommen. Noch etwas haben die beiden Festungen, Akershus und Varberg gemeinsam: Auch Akershus wurde, wie Varberg, eine Zeitlang als Gefängnis benützt. Heute dient Akershus hingegen der norwegischen Regierung als Repräsentationsschloss.

Am Schicksal von Festungen lässt sich das auf und ab menschlicher Bemühungen bestens verfolgen: Vom Verteidigungsbollwerk übers Gefängnis bis hin zum vornehmen Quartier für ausländische Staatschefs. Die Geschichte schlägt uns Menschen doch immer wieder ein Schnippchen.


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Last Updated: Freitag, 14.Oktober 2011
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