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LOCKRUF DER WILDNIS

VÄSTERBOTTEN

Blattnicksele

 

Mit dem Hundeschlitten durch Lappland

Ruth und Sören Nilsson leiten Kamutiliks Schlittenhunde. Vierzig Alaskan Huskies aus eigener Zucht und nochmals vierundzwanzig Hunde der "Handlers", die auf dem Hof mithelfen, machen Kamutiliks zu einer der grössten Schlittenhundezentralen Nordschwedens. Ruth und Sören haben sich vom Iditarodrennen in Alaska inspirieren lassen und machen bei vielen Rennen mit. Voriges Jahr kamen sie auf Platz drei beim Finnmarksrennen, das über 1000 km durch die Weiten Finnlands führt und beim Femarnrennen wurden sie zweite.

von Eduard Nöstl


Dabei haben beide einen Beruf, der nicht unbedingt mit Schlittenhunden zu assozieren ist: Ruth und Sören haben in Göteborg die Seemannsschule besucht, Sören ist Kapitän bei einer schwedischen Reederei und Ruth ausgebildeter Schiffsingenieur!

Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn diese Berufe lassen den Menschen viel Frei-Zeit. Daher hat Sören den Winter über Musse, sich mit seinen Hunden zu beschäftigen und Ruth hat den Beruf an den Nagel gehängt und kümmert sich fulltime um die Hunde.

Wie könnte man die Natur und ihre zauberhaften Formen und Gestalten besser erleben als im engen Kontakt zu den Vertretern einer echten Ursprünglichkeit, wie sie Schlittenhunde ausstrahlen? Die Natur ist ihre Heimat und soll, wenn auch nur für kurze Zeit, die unsere werden.

Wir sind hierher nach Blattnicksele gekommen, um uns aus berufenem Mund in das Geheimnis des Schlittenhundefahrens einweihen zu lassen. Das erste, was uns empfängt, ist ohrenbetäubendes Geheul. Kein Wunder, vierzig Hunde machen eben einen Höllenlärm, wenn sich etwas tut.

ZIERLICHE SCHLITTEN

Nach dem Bezug unserer Hütte sehen wir uns um und stolpern gleich einmal über einen der Schlitten, die auf dem Hof aufgestellt sind. Mit diesen Gefährten sollen wir uns in die Weite Lapplands wagen? Ganz zierlich und zerbrechlich nehmen sich die Schlitten aus. Aha, da hinten, auf den Kufen, sollen wir wohl stehen. Und da ist ja auch eine Art Bremse. Wozu wohl der Anker gut ist, der auf jedem Schlitten hängt?

Ruth kommt mit einem breiten Lächeln entgegen und nimmt uns mit auf eine Tour durch den Hundezwinger. "Kamutiliks" kommt aus dem Grönländischen und bedeutet so viel wie "der Mann mit dem Hund". Die Alaskan Huskies sind zutraulich und für jede Aufmerksamkeit dankbar. Ausserdem haben sie einen besonderen Drüse in den Pfoten, wodurch der Schnee nicht an den Pfoten kleben bleibt.

"Das Schönste, was die Hunde sich vorstellen können, ist mit dem Schlitten hinaus in die Wildnis zu laufen," erklärt Ruth.

ALASKAN HUSKIES

Kamutiliks SchlittenhundeSchlittenhunde sind zutraulich, und verlässlich. Schlittenhunde stehen synonym für Tapferkeit, Kraft und Ausdauer, gepaart mit einer rührenden Anhänglichkeit. Und dieses einmalige Verhältnis zueinander, dieses Zusammenspiel von Mensch und Tier garantiert das Überleben in der Natur. Auch heute noch.

Da am Nachmittag noch Zeit ist, werden wir von Ruth gleich in die ersten Geheimnisse des Schlittenhundelenkens eingeführt. "Die Hände gehören auf den Schlitten", erklärt Ruth, "denn sonst liegst du schneller im Schnee als du glaubst und wenn die Hunde einmal laufen, dann sind sie mitsamt dem Schlitten weg."

Aha, sie bleiben also nicht automatisch stehen, das ist gut zu wissen. "Gelenkt wird mit den Fersen und durch Gewichtsverlagerung, die Bremse ist nur in Ausnahmefällen zu gebrauchen. Und der Anker wird ausgeworfen, wenn du eine Pause machst. Denn sonst sind die Hunde weg."

Aha, und angeleint werden die Hunde an eine lange Zugleine, und Anführer ist ein erfahrener und besonders gut ausgebildeter Schlittenhund. Naja, dann wollen wir mal. Die Hunde sind total gierig darauf, loszurennen. Gut, dass der Schlitten fest verankert ist. Zuerst drehen wir eine Runde auf dem Hof wobei wir im Schlitten Platz nehmen, nur um einmal zu spüren, wie das so ist. Wir gleiten durch den Schnee und sind erstaunt, dass die Hunde nur durch Zuruf des "Mushers", also des Schlittenlenkers, gesteuert werden.

KEIN MEISTER FÄLLT VOM HIMMEL

Die Ausbildung eines Hundes dauert auch entsprechend lang, meint Ruth, drei bis vier Jahre, und nicht alle Hunde bringen das Zeug mit, die Führung zu übernehmen. Aber bei vierzig Hunden ist genug Auswahlmöglichkeit da. Drei Hunde genügen leicht, um ein Gespann für einen Tagesausflug zu ziehen, meint Ruth. Und lädt uns ein, einmal selber zu probieren. "Denk dran, Hände auf den Schlitten, den Schlitten mit den Fersen lenken und die Hunde reagieren auf Zuruf".

Es geht ganz gut, bis zur ersten Kurve, da verlagere ich das Gewicht auf die falsche Seite und liege im Schnee. Nur nicht den Schlitten auslassen, fährt es mir durch den Kopf, und da spüre ich, wie kräftig die Hunde sind, denn es geht weiter, als ob nichts passiert wäre. Die Hunde ziehen mich einfach durch den Schnee!

Auf Zuruf von Ruth bleiben sie schliesslich stehen. Ich reisse den Anker aus seinem Sack und versenke ihn im Schnee. So, das wäre geschafft. "Hm, das sieht nach einiger Übung aus", meine ich etwas in meinem Selbstbewusstsein angeknackst. "Mach dir nichts draus, morgen fahren wir hintereinander, dann wirst du sehen, dass alles gleich viel einfacher wird", tröstet mich Ruth.

Da der Abend recht früh hereinbricht, machen wir noch ein zünftiges Feuer in unserer Hütte, dann geht es in die holzgeheizte Sauna, die und während wir in der Sauna schwitzen, kocht Ruth auf. Einen kapitalen Saibling, der nach den Ereignissen des vergangenen Tages super mundet.

SICHERHEIT GEHT VOR

Tags darauf machen wir einen ersten Ausflug. Die Hunde sind schon angespannt, Drei Gespanne, vorneweg Ruth, dann ich und dann einer der Handler, der aufpasst, dass ja alles seine Ordnung hat. Ordentlich abstand halten und darauf konzentrieren, dass du auf dem Schlitten stehst, der Rest geht dann von selber, meint Ruth.

Dann beginnt die Fahrt gleich über eine Wiese hinunter und auf einen See. Die Hunde kennen die Strecke und nach den ersten zwanzig Metern, da ich noch etwas verkrampft auf den Kuven stehe, kann ich mich entspannen. Zum ersten Mal kann ich auch den Blick über den Schlittenrand heben.

Es ist toll, wie gross das Land ist. Kaum sind wir zehn Minuten unterwegs, als uns schon die Wildnis umgibt. Kein Haus, keine Strasse, nichts. Klar, wir fahren auf ausgefahrenen Spuren, aber trotzdem - Natur pur. Wie wenn du im Sommer mit dem Kanu unterwegs bist. Auch jetzt gehören Seen und zugefrorene Flüsse zu den bevorzugten Reisewegen. Die Hunde brauchen sich nicht durch das Gebüsch quälen und durch den dichten Wald. Denn dort ist das Risiko des Hängenbleibens doch recht gross.

EISFISCHEN

Nach einer halben Stunde machen wir Pause an einem Holzverschlag an einem See. Ach ja, Björn, der achtjährige Sohn von Ruth ist auch mit von der Partie. Wir vertäuen die Hundegespanne in gehörigem Abstand voneinander an Bäumen, damit nicht die Gespanne gegenseitig zum Raufen anfangen.

Dann schleppt Björn einen riesigen Bohrer herbei. "Jetzt wollen wir Eisfischen", meint er, "hilfst du mir ein Loch zu bohren?" Na klar, aber das ist leichter gesagt als getan. So einfach ist das gar nicht, mit dem Bohrer durch das dicke Eis zu kommen. Doch nach ein paar Minuten emsigen Kurbelns ist es so weit. Die Eisangeln werden ausgepackt und die Maiskörner als Köder aufgezogen. Inzwischen macht Ruth gekonnt ein Feuerchen und bald schon sitzen wir auf den Rentierfellen und haben es richtig gemütlich. Nach einiger Zeit gesellt sich auch Björn zu uns. "Kein guter Tag heute, meint er, keiner wollte anbeissen". Ruth tröstet ihn mit einem Grillwürstchen und bald ist Björn wieder guter Dinge.

AUSRÜSTUNG INKLUSIVE

Wie bei den meisten guten Schlittenhundeanbietern ist auch bei Kamutiliks die Ausrüstung im Preis inbegriffen. Das heisst, Schlittenhunde und Schlitten sowieso, aber auch Overall und dicke Stiefel. Der Gast bringt nur seine Handschuhe und Mütze mit. Und so ein Overall ist echt warm und das braucht man auch - denn als Musher bist du den ganzen Tag an der frischen Luft und auch wenn es wie heute gemütlich ist - wenn der Sturm pfeift und die Schneeböen heranwehen, dann weiss man einen warmen Overall mit einer guten Kapuze aus Koyotenfell zu schätzen.

Beim Zurückfahren fühle ich bereits richtig wohl da hinten auf dem Schlitten und ich spüre den Fahrtwind auf den Wangen. Wir sausen über den Schnee, der auf den zugefrorenen Seen liegt und die Hunde brauchen nicht angetrieben zu werden, sondern laufen, was das Zeug hält. In einer Kurve kann ich mich überzeugen, dass hinter mir der getreue "Handler" Sven nachfolgt. Sicherheit geht über alles und das gibt ein beruhigendes Gefühl.

COMPUTERGESTEUERTE FUTTERVERSORGUNG

Wieder auf dem Hof sehen wir uns die Werkstatt an, wo Ruth Hundeschuhe und Zaumzeug herstellt, ehe wir uns über den Computer beugen und mitverfolgen, wie für jeden einzelnen Hund der Speiseplan auf Wochen hinaus auf dem Schirm auftaucht.

"Jeder Hund hat seine eigene Nahrungsliste, jedes Fett, egal ob von Rind, Schwein oder Lachs hat seinen eigenen Nährwert und so etwas ist gerade bei Rennen enorm wichtig," erklärt Ruth. Kein Wunder, sind doch 1000 Kilometerrennen sorgfältig zu planen und genau zu recherchieren. Doch so weit wollen wir bei diesem unserem Besuch nicht kommen. Uns genügt, dass wir am dritten Tag bereits unsere ersten eigenen kleinen Ausfahrten unternehmen können - wiewohl immer Ruth oder Sven mit von der Partie ist, kommen doch unsere Kommandos rechts, links und geradeaus immer selbstsicherer aus unserem Mund. Und das Schöne ist, dass auch die Hunde sich daran halten.

Schlittenhunde KamutiliksNach dieser Einführung haben wir Appetit auf mehr gekriegt und sehen uns mit Interesse das Programm von Kamutiliks an, und wir fangen bereits jetzt von einem rail nach "Little Alaska", einem Ausläufer des Vindelgebirges, wo Ruth und Sören eine Station mitten in der Wildnis haben, zu träumen an. Doch bis dahin dauert es noch einige Monate, da von November bis Januar Touren nur im "Lågfjäll", also in geschützten baumbewachsenen Gebieten durchgeführt werden.

"Erst wenn wir sicher sein können, dass uns keine Blizzards überraschen können und die Tage länger sind und die Sonne ein bisschen mehr Kraft hat, starten wir unsere Trails in die Fjälls", meint Ruth und fährt mit einem Schmunzeln fort, "bis dahin trainieren die Hunde und die zünftigen Musher."


Last Updated: Dienstag, 2. September 2008
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